Leben wie Musik

Psychologische Beratung

& Coaching für Künstlerseelen

Helga Maria Craubner




Blog-Layout

Leben wie Musik: Ein Blog für Künstlerseelen & andere feinsinnige Freigeister, die sich entfalten und gehört werden wollen

Was einen Anfang und seine Faszination ausmacht


Volle Konzentration: Der Vorhang geht auf! Die erste Seite eines neuen Buches wird aufgeschlagen. Eine Blüte entfaltet sich aus der schützenden Knospe heraus. Ein Spiel wird aus dem Schrank geholt. Die Dirigentin hebt den Stab, der allererste Ton eines Instrumentes erklingt.
 
Anfänge besitzen einen ganz besonderen Reiz. Noch ist vieles möglich, die
Präsenz des Augenblicks ist so hoch wie in kaum einer anderen Situation. Warum sind Anfänge für uns so einzigartig? Was macht sie gerade für Künstlerseelen so faszinierend?

Künstlerseelen sind Expert*innen im Anfangen. Diesen Anfängen gehen oft Phasen der scheinbaren Bewegungslosigkeit voraus. Lange scheint „nichts zu passieren“ und das ist für Menschen wie Künstlerseelen, die Entwicklung, Neues erfahren und Bewegung so lieben, oft schwer auszuhalten. Versuche, diesen Gärungsprozess zu beschleunigen, laufen meist ins Leere. Doch dann, irgendwann, meist weiß man nicht, woher sie kam, gibt es die Gelegenheit für einen frischen Anfang: Ein neues Projekt, eine neue Idee konkretisiert sich, die Entscheidung dafür (oder dagegen) fällt und es geht los. Mit dem „Ja“ zu dem Anfang und dem ersten Schritt geht dann alles wie von selbst. Wie wenn eine Blüte sich wie von selbst öffnet, hat sie einmal die Hülle der Knospe ein klein wenig aufgebrochen. Dieser Moment hat etwas von Magie. „Oh Augenblick verweile doch“ möchte man sich wünschen.

Warum ist dieser Moment so besonders? Was genau macht ihn aus?
Im Moment des Anfangs kommt vieles zusammen, was
Lebensfreude und das Gefühl von "lebendig sein" ausmacht: Wir sind durch die Phase des „nichts passiert“ ausgeruht , gut vorbereitet . Die Ausrichtung und Konzentration auf das, was beginnt ist maximal. Die Neugierde auf das, was gleich passiert, ist groß, die Abenteuerlust auch. Wir atmen bewusst , unsere Präsenz ist so groß wie sonst nur sehr selten . – All das kann Glücksgefühle auslösen, die süchtig machen, aber auch Angst auslösen können.

Und manchmal lohnt es sich, noch einmal innezuhalten und diesen Moment des Anfangs für einen Moment etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Ihn einmal mit Abstand erforschen und anschauen, was in diesem Füllhorn des Lebens alles enthalten ist. Richtet man besagtes Vergrößerungsglas auf diesen einen Moment, diese faszinierende Phase des Anfangs, lassen sich viele einzelne Bestandteile erkennen.

Beispielsweise wären da: 


Eine kunterbunte Mischung also an Empfindungen, Gedanken, Fähigkeiten, Stärken und Schwächen. Leben eben, ja. Nur durch den besonderen Moment so konzentriert und intensiv wie nur selten.

Von beschützendem Zauber des Innehaltens
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne der uns beschützt und der uns hilft, zu leben…“ 
Dieser vielzitierte Abschnitt aus dem Gedicht „Stufen“ von Hermann Hesse beschreibt das E inzigartige dieses bunten Konzentrats , das wir "Anfang" nennen. Dennoch ist es manchmal trotz alles Begeisterung für Anfänge sehr schwer, den ersten Schritt zu tun. Oder aber den Flow des Anfangs so zu nutzen, dass das Lebenssegel auf „Rückenwind“ steht.

Wird die Begeisterung weit genug tragen , dass der Anfang auch zu einem guten Ende führt? Was passiert, wenn der Anfangszauber verflogen ist?  Was, wenn die Inspirationsquelle versiegt oder ausgeschöpft ist?  Oder was tun mit der Enttäuschung , wenn man nicht erreicht, was dieser Anfangszauber einem versprach?  Wie mit den inneren Bedenkenträgern und Perfektionistinnen , mit Angst vor Beurteilung oder überhaupt Lampenfieber umgehen?

Künstlerseelen sind empfindsam und sehr empfänglich für ihr Umfeld . Gleichzeitig haben sie enorme Freude am Spielen, am gehört- und gesehen Werden, am Neugestalten. Dieser Freude und das Bewusstsein für Zauber und Schönheit im Alltag widerspricht, so könnte man meinen, das Innehalten inmitten der Begeisterung. Am liebsten würde man sich ihr doch hingeben und störende Stimmen aus dem Umfeld oder dem Inneren einfach hinter sich lassen! Denn noch einmal innezuhalten kann auch bedeuten, die eigenen Ängste und Bedenken wahrzunehmen. 

Ja, oft ist es wichtig, den Elan zu nutzen und anfangen, ausprobieren, sich erproben, etwas in die Welt bringen , anstatt ewig und drei Tage zu prüfen. Bewusstes Innehalten hat jedoch nichts mit Hinauszögern (Prokrastinieren) oder der berühmten Scheu vor dem weißen Blatt zu tun. Im Gegenteil. Manchmal lohnt es sich, noch einmal innezuhalten und sich an die eigene Entscheidung , die innere Ausrichtung zu erinnern , die einen an diesen Anfangspunkt geführt haben. Sich das eigene "Warum" noch einmal bewusst zu machen , um nicht völlig wehrlos diesem Sog, der eben so vieles Verschiedenes beinhaltet, ausgeliefert zu sein.

Es gibt ein paar kleine Übungen , die dieses Innehalten ermöglichen und uns in diesem Anfangsmoment stärken.
Das können 
  • einfache Körperübungen für mehr Präsenz und Selbstwahrnehmung sein,
  • bewusstes Atmen ,
  • Erinnerungsstützen für das Ziel, das ich erreichen will,
  • kurze Meditationen oder Manifestationen,
  • vertraute Menschen , die mich ermutigen,
  • Realitätscheck ,
  • noch einmal in sich nachforschen, ob es noch eine Qualität braucht , die mich unterstützt, seien es Mut, Liebe, Geduld, Freiheit o.a.. 

Was aber geht diesem zauberhaften Anfangsmoment voraus? - Ein kleiner Ausblick auf die Zeit VOR einem Anfang

Der Ruf des Anfangs ist für Künstlerseelen unwiderstehlich. Für ihn durchsteht man auch so manche Phase, in der sich lange Zeit scheinbar nichts tut . In dieser Zeit versucht man dies und das, erkundigt sich, liebäugelt mit Kursen, macht und verwirft Pläne, sucht nach der einen vorwärtsbringenden Inspiration. Wo ist er nur, dieser beglückend erlebte Flow , in dem man genau weiß, dass alles passt? Gefühle des Verlorenseins , der Unzufriedenheit machen sich breit, eher unbestimmt als sagbar . Was, ja was nur, wenn gar meine Inspirationsquelle versiegt ist? Ich auf dem Holzweg bin?

Rainer Maria Rilke wusste um diese Zeit, die ihre eigenen Herausforderungen besitzt, in der der Gestaltungswille scheinbar ziellos mäandert und sich mit Hoffnungen, Leistungsdruck, Erwartungen, Versagensangst bis zu Panik wie zu einer zähen Melasse verbindet. Auch diese Phase, besser gesagt, der (vorläufige) Abschied von ihr gehört zum Anfang:
Man muss den Dingen Die eigene, stille,  ungestörte Entwicklung lassen,  die tief von innen kommt,  und durch nichts gedrängt oder beschleunigt werden kann; alles ist austragen - und dann gebären...   Reifen wie der Baum, der seine Säfte nicht drängt und getrost in den Stürmen des Frühlings steht, ohne Angst, dass dahinter kein Sommer kommen könnte. Er kommt doch!   Aber er kommt nur zu den Geduldigen, die da sind, als ob die Ewigkeit vor ihnen läge, so sorglos, still und weit ...  Man muss Geduld haben, gegen das Ungelöste im Herzen, und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben, wie verschlossene Stuben, und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Es handelt sich darum, alles zu leben.   Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich, ohne es zu merken, eines fremden Tages in die Antwort hinein.

Randbemerkungen
Herkunft des Wortes „Anfang“
Das Wort, aus dem heraus sich „anfangen“ gebildet hat, ist schon seit dem 9. Jahrhundert nachgewiesen. Althochdeutsch heißt es „ anafāhan “, mittelhochdeutsch „ anevāhen “. Darin enthalten ist „fāhan“, was so viel wie „fangen“ bedeutet. Eine aktive Handlung wohnt dem Wort „anfangen“ damit schon früh inne und war zunächst mit „angreifen, anfassen“ verbunden, bald aber in der Bedeutung von „beginnen“ benutzt.
Interessant finde ich auch die Entwicklung des Wortes „Anfänger“ . Heute manchmal abwertend benutzt, war es noch im 14. Jahrhundert der „Urheber“ oder „Gründer“, der 100 Jahre später zum „Lernenden“ oder „Neuling“ wurde.
Wie benutzt Du eigentlich die Worte „Anfang“, „Beginn“ oder „Start“? Sind sie für Dich gleichbedeutend oder unterscheidest Du sie? – Übrigens: „Start“ ist ein Wort, das bereits im 19. Jahrhundert aus dem Englischen entlehnt wurde.

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.
von Helga Maria Craubner 10 Dez., 2023
Folgt man dem alten Gedanken des „wie im Kleinen so im Großen“, ist es nicht nur eine politische, sondern auch eine persönliche Herausforderung, die Werte der Menschenrechte zu leben. Bilden sie doch Grundvoraussetzungen für das selbstwirksame Gestalten des eigenen Lebens, das Ausstrahlen des Einzelnen in eine Welt, die sich doch die Meisten als eine „bessere“ wünschen.
Woerter koennen kraftvoll sein und uns beim Fokussieren und bei unseren Projekten unterstuetzen
von Helga Maria Craubner 13 Nov., 2023
Wörter sind kraftvoll und können uns dabei unterstützen, uns auch mitten im alltäglichen Strudel zu besinnen, eine kleine Ruheinsel zu finden.
intuitiv und unvoreingenommen sich auf Musik einlassen
von 183:935059646 (Helga Maria Craubner) 18 Dez., 2022
Der Strudel des Alltags hat uns immer wieder schnell eingeholt. Vorbei sind dann die guten Vorsätze und die Versuche, etwas, das uns gut tut und uns Freude macht, zur Routine werden zu lassen. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten, in kurzer Zeit aus diesem Strudel heraus und wieder zu uns zu kommen. Bei der Wahl des Mittels sollte man in erster Linie beachten, dass es zu uns, unseren Vorlieben und unserem Leben passen muss. Meditation ist wichtig und wohltuend, aber nicht allen liegt sie. Auf meinem Youtube-Kanal habe ich in der Reihe „Besinnung und Rituale im Alltag“ ein paar Alternativen vorgestellt. Für die meisten benötigt man lediglich eine halbe Stunde pro Tag, die man sich selbst schenkt. Eine dieser Möglichkeiten, die ich besonders liebe, hat mit Musik und mit Hören zu tun und sie möchte ich Dir jetzt in diesem Text eingehender vorstellen: es geht um das, was wir eigentlich ohnehin 24 Stunden am Tag tun, nämlich Hören, genauer intuitives Hören Was Du dazu brauchst - Am besten immer wieder zur gleichen Uhrzeit ½ Stunde für Dich - Einen Raum, in dem Du Dich wohlfühlst - Eine bequeme Unterlage zum Sitzen oder Liegen - Schreibzeug, das Dir Freude macht, zur Hand zu nehmen (falls es Dir mehr liegt, kann das auch Malzeug sein), - Kopfhörer oder auch eine Stereoanlage, die Du laut drehen kannst, ohne jemanden zu stören (Kopfhörer eignen sich für diese Übung allerdings besser, weil sie uns noch mehr dabei unterstützen, uns auf uns selbst zu konzentrieren) - Ein Musikstück von ca. 3-7 Minuten (möglichst nicht länger), das Dir gefällt, Deiner Stimmung entspricht oder auf das Du neugierig bist. (Eine Liste mit Vorschlägen findest Du als Link unter diesem Text.) - Kerze, ein leckeres Getränk und eine Uhr. Ablauf der Übung Du beginnst damit, Deinem Umfeld mitzuteilen, dass Du ab jetzt täglich eine halbe Stunde für Dich brauchst und bittest, Dich in der Zeit nicht zu stören. Erkläre auch, warum Du das tust, damit Deine Familie/Dein Partner/Deine Mitbewohner/innen es nachvollziehen können. Dann bereite alles so vor, dass Du es griffbereit hast und dass Du auch die Musik ohne größeren Aufwand starten kannst (vielleicht sogar mit einer Fernbedienung, damit Du nicht aufstehen musst). Dann schließe die Tür hinter Dir, lege Schreib- oder Malzeug und Papier griffbereit und schalte auch alle möglichen Störquellen aus, die Dich unterbrechen oder ablenken könnten. Als Zeichen für Dich, dass die kommenden Minuten Dir allein gehören, kannst Du auch eine Kerze anzünden. Begib Dich in eine angenehme Sitz- oder auch Liegeposition und beobachte zunächst Deinen Atem. Wenn Gedanken des Tages kommen sind, begrüße sie freundlich und lass‘ sie dann auch wieder gehen, so ähnlich wie Du ganz selbstverständlich ein- und ausatmest. Dann wende Dich der Musik zu. Starte das Audiofile (oder eine Aufnahme, die Du Dir selbst ausgesucht hast) und lasse die Töne auf Dich wirken. Höre ihnen zu und beobachte einfach, was passiert. (Sollte Dir das Stück sehr vertraut sein, so versuche einmal anders zu hören: das erste Mal!) Was geschieht, während Du zuhörst? Reagiert Dein Körper? Wie nimmst Du den Raum wahr? Deinen Atem? Gibt es einen Bewegungsimpuls, dem Du folgen möchtest? Falls ja, folge ihm. Da die Musikstücke eher kurz sind, kann es vorteilhaft sein, die Musik noch einmal anzuhören. Nimm anschließend das Schreib- oder Malzeug zur Hand und notiere oder zeichne auf, was Dir gerade in den Sinn kommt. Du kannst das auch schon während der Musik tun. Schreibe alles auf. Unsortiert. Spontan. Wertfrei. Einzelne Worte, ganze Sätze oder gar eine Geschichte. Das, was da ist, ist da. (Sollte es Dir lieber sein, etwas zu zeichnen, geh‘ diesem Impuls nach.) Die Frage, ob das, was Du schreibst oder zeichnest, einen Zusammenhang zur Musik besitzt, ist hier unwichtig. Es geht einzig und allein darum, der Gegenwart, dem Moment durch das Aufschreiben die Bedeutung beizumessen, die sie durch diese Übung bekommen sollen. Beende diese Übung nach ca. 10-15 Minuten Schreiben, puste die Kerze aus und begib Dich wieder in Deinen Alltag. Anmerkung: Um zu entscheiden, ob diese Übung für Dich und Deine Alltagsbesinnung taugt, empfehle ich Dir, sie an 5-7 Tagen zuerst einmal auszuprobieren. Meist ist beim ersten Mal alles noch so ungewohnt, dass wir kaum entscheiden können, ob uns etwas l ie gt oder nicht.
Share by: